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Okt
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Die Fundamentalisten und das Irdische

Ist Emotion hilfreich oder hemmend?

Beides.

Sie kann helfen, das Verständnis zu vertiefen, und sie kann helfen, den Verstand zu blockieren.

Zu Zweiterem nun folgender Dialog. Es sprechen Herr Steiner (S) und Herr Kremser (K):

S: …..ja, die Mathematik! Alles Scharlatane! Selbst der große Popper hat schon gesagt, dass ja die Kategoriologie der Instanzen unseres ontischen Seins kein Über-Ich trägt, daher BEWIESEN ist dass 7 und 5 NICHT 12 ist!

K: Häääh? Also erstens halte ich Popper für einen Schaumschläger. Aber egal. Natürlich ist 7 und 5 gleich 12!

S: Beweise es mir!

K: Na zähl einfach durch!

S: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12. Und?

K: Wie viel musst du zu 7 dazu tun, um 12 erhalten?

S: 6. Das ist logisch, weil: 7+5=11. Also eins mehr als 5. Das ist 6.

K (seufzt): Nein. Machen wirs langsam. Wir rechnen uns zuerst aus, wie man von 7 auf 10 kommt, und dann, wie man von 10 auf 12 kommt.

S (hämisch): Wenn du glaubst, dass das irgendwas hilft? Ich bin nämlich ein Freigeist und hinterfrage ALLES! Vor allem diese finsteren mathematischen Autoritäten!

K: Wie du meinst. Also, wie viel brauchen wir, um von 7 auf 10 zu kommen?

S (rechnet): Na 3!

K: Richtig! Und jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wie man von 10 auf 12 kommt. Da kommt eine Zahl heraus. Und wenn wir diese Zahl und 3 addieren, wissen wir, wie man von 7 auf  12 kommt! Also 10 und wie viel ist 12?

S (rechnet): Hm. 2.

K: Richtig!!! Und nun zählen wir zusammen: 2 und 3 ist 5. Also: 7+5=12.

S: Nein. Das ist falsch. Der große Sir Karl Popper hat das widerlegt. Das ist bewieseermassen falsch!!

2 und 3 ist nämlich nicht fünf. 2 und 3 ist VIER!!

K: Ah! Aha! Hm. Nein eigentlich nicht. 2 und 2 ist vier. 2 und 3 ist fünf.

S: Beweise es! Das musst du hinterfragen! ich bin nämlich nicht wie du ein dämlicher Nerd, dass ich solche Dogmen unhinterfragt übernehme! Ich schockiere die Welt mit frechen Fragen!

K:: jaja, wie du glaubst. Also schau her: wenn ich zu zwei EINS dazu tue, was habe ich dann?

S: 3.

K (Hoffnung schöpfend): Ja! Gut! Und wenn ich zu 3 noch EINS dazu tue, was habe ich dann?

S (rechnet): 4.

K: Und Wie viel haben wir also INSGESAMT zu 2 dazu getan,. um 4 erhalten?

S: Na zwei!

K (erleichtert): also ist 2 und 2 gleich 4.

Und jetzt tust du zu 4 noch eins dazu. Wie viel hast du dann??

S: Na 5! wozu die Fragerei?

K: Also würdest du mir zustimmen dass 2 und 3 fünf ist?

S (ungeduldig): Ja, von mir aus. Aber dieses dogmatische Wissen ist doch zum höheren Verständnis der Welt vollkommen unwichtig!

K (insistierend): Und vorhin haben wir gesagt, dass 7 und 3 und 2 insgesant 12 sind!! Und 2 und 3 ist 5!!!

Also—-

S: Wir haben NIE behauptet, dass 7+3+2=12. NIEMALS. Das kann nämlich nicht sein, weil 7 + 5 nicht 12 ist.

K (langsam ungeduldig): Doooch, das haben wir vorhin gesagt.

S: Nein Das haben wir NICHT gesagt. Und abgesehen davon, ist 2 und 3 nicht fünf, sondern vier.

K (ungläubig): aber – aber – wir haben doch gerade -gemeinsam!!- festgestellt, dass 2 und 3 gleich 5….

S: Womit bewiesen ist, dass 7 und 5 nicht 12 ist! Popper, das Genie, hat es immer schon gewusst! Weil ja 2 und 3 tatsächlich 4 ist.

K (schreiend): ZWEI UND DREI IST FÜNF!! UND WIR HABEN DAS GEMEINSAM BEWIESEN!!!

S (hämisch): Ich sehe nur, dass du von Popper keine Ahnung hast. Kannst du denn deine Theorie beweisen?

K (sich beruhigend): also wenn ich zu ZWEI EINS dazutue……

Ende des Dialogs

….natürlich kann das jetzt ewig so weitergehen. Die Diskussion wird sich immer im Kreis drehen. Sobald es „eng“ wird für Steiner, es also unausweichlich wird, dass Kremsers Rechnung stimmt, hat Steiner wieder einmal die Beweisführung „vergessen“. So oder so ähnlich laufen Diskussionen zwischen Fundamentalisten und gutmütigen Intellektuellen ab. Der Intellektuelle möchte dauernd „etwas klarstellen“, während für den Fundi die wirklichkeit niemals das sein darf, was sie ist.

Irgendwann wird der Intelllektuelle freilich aufgeben, wer wird es ihm verdenken.

Der Fundi hat das freilich schon tausendmal erlebt und interpretiert die Aufgabe des Intellektuellen als seinen eigenen „Sieg“. Und je öfter er „siegt“, desto sicherer ist er sich seiner Sache.

Uns stellt sich die Frage: Ist der Fundamentalist Steiner tatsächlich so schwach in Mathematik? jedenfalls dürfte er eine massive Antpathie, also eine ihn hemmende Emotion gegen jene haben. Denn offensichtlich bewältigt er kleinere Rechenaufgaben, nur die Aufgabe 7 + 5 bewältigt er nicht. Er will sie offenbar nicht bewältigen, 7 + 5 darf nicht 12 sein.

Selbstverständlich werden wir den Grund für dieses 7 und 5 darf nicht 12 sein ausserhalb der Mathematik suchen müssen. Da muss irgendeine Emotion im Hintergrund sein…..

Woher diese Emotion kommt, wissen wir freilich nicht. Wir nehmen aber einmal an, dass Kremser schon öfter mit Steiner diskutiert hat, und Kremser den Eindruck gewonnen hat, dass Steiners Rechen-Blockade aus irgendeiner Angst kommt, dass sein, Steiners, Weltbild kollabieren könnte.

Und es gibt kaum eine stärkere Triebkraft in der Weltgeschichte als die Angst, sein Weltbild zu verlieren. Weil das Weltbild oft mit dem Gottesbild verknüpft ist. Weil man Angst hat, Gott zu verlieren.

Tatsächlich glaubt Steiner an den Voodoo-Superintendenten Vladimir Zork, und die Lehre Zorks sieht so aus:

Es gibt 5 Tugenden: Hirku, Murku, Gurku, Sirku und Lurku.“ (Was das ist, kann uns wurscht sein.)

Zork lehrt weiters:

Es gibt 7 Arten guten Tuns: Rampi, Pampi, Hampi, Zampi, Tampi, Sampi und Klampi“ (Was das ist, kann uns auchwurscht sein.)

Zork lehrt weiters:

„Jede der 5 Tugenden ist ein kleiner Diamant und jede der 7 Arten guten Lebens ist ein kleiner Diamant. Es gibt also 11 kleine Diamanten. Diese sind: Glicko, Glacki, Glocki, Glecki, Glucku, Glecko, Glacko, Glucke, Glicki Glocko und Glacka„.

Und jetzt haben wir den Salat: Weil der gute Zork nicht rechnen kann, dürfen es die Jünger auch nicht. Oder ihr Weltbild bricht zusammen.

Steiner hat also kein mathematisches, sondern ein religiöses Problem.

Er hat seine Religion an eine mathematische (Falsch-)Aussage geknüpft. Er hat seine Religion von etwas irdischem abhängig gemacht, weshalb sie auch durch Irdisches gestürzt werden kann. Und davor hat Steiner Angst. Er sieht nicht, dass Gott so weit über den Dingen steht, dass er durch diese lächerliche Frage, was 7+5 sei, niemals gestürzt werden kann.

Analog verhält sich das Problem mit der religiösen Verknüpfung zu den Naturwissenschaften. Auch hier wird Göttliches an Irdisches geknüpft und dann mit Krampf am Irdischen festgehalten, zb. „Gold ist ein göttlicher Stoff, da es, wie Gott unveränderlich ist“  Na hoffentlich erlebt der arme Mensch nie, wie sich das „göttliche“ Gold in Königswasser spurlos auflöst! Löst sich sein Gott dann auch gleich auf?

(Selbstverständlich geht diese Problem auch Atheisten an, soferne sie glauben, man könnte die Existenz Gottes auf naturwissenschaftliche Weise falsifizieren)

Natürlich lassen sich auch andere irdische Dinge auf unstatthafte Weise mit Gott verknüpfen, seien es Autos oder Titten, Haustiere oder Haubenlokale, Raum oder Zeit,  oder sonst was.

Ein jeder überprüfe sich selbst, ob und wo er seine Religion, seinen innersten Glauben, an etwas Irdisches geheftet hat. Wenn er es nicht los lässt, wird die Trennung von diesem Dingsbums irgendwann spät, unfreiwillig und schmerzhaft erfolgen. Lässt er es rechtzeitig los, hat er Freiheitsgrade UND neue Tiefen gewonnen.

Das Loslassen wiederum wird auch nicht über den naturwissenschaftlichen Pfad verfolgt werden können, sondern nur über den Weg der Mystik. Da aber die meisten arme Lämmer unserer zeit sind, und die ist oberflächlich, kommen sie gar nicht auf die Idee, den Pfad der „alles erklärenden“ und unverstandenen Naturwissenschaften zu verlassen. Das gilt auch für die, die die Naturwissenschaften einfach nur hassen. Siehe Herr Steiner und sein gestörtes Verhältnis zur Mathematik. Steiner steht keineswegs „über“ der Mathematik, er ist im Gegenteil in ihr gefangen.

Jesus sagt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt„, ich denke, es wird Zeit, diesen Satz ernst zu nehmen.


9 Antworten to “Die Fundamentalisten und das Irdische”


  1. Oktober 21, 2014 um 4:22 pm

    Ich möchte ein wenig über das Loslassen antworten.

    Man könnte meinen, die Gottesmutter Maria hatte ebenfalls dieses Problem des Loslassens.

    Ist ihr nicht vom Engel verkündet worden, dass ihr Sohn der Erlöser sein wird?

    Hat sie nicht in allen Fasern ihres Herzens darauf hingestrebt, das ihre beizutragen, um ihrem Sohn die Erlöserrolle zu ermöglichen?

    Böse Menschen könnten Maria unterstellen, dass sie dieser Wahnidee so sehr gefolgt ist, dass sie nach dem Tod Jesu für ihre eigene Psychohygiene die Geschichte von der Auferstehung erfunden hat, und die Kirche gegründet hat, um dann diese Geschichte weiterzuspinnen.

    All das unter der Annahme, dass Maria „einen kleinen Knacks“ gehabt haben könnte.

    Und eben darum muss man immer wieder betonen, dass Maria vollständig gesund war, sie hat eben nicht das Loslassen des Gekreuzigten verweigert, sondern sie hat schon in Jesu Kindesalter begonnen, die „fixe Idee“ vom Erlöser loszulassen. Eine schöne Stelle in der Bibel ist dort, wo Jesus seinen Eltern abhanden kommt und diese ihn tagelang suchen.

    In einer derartigen Freiheit ist Jesus aufgewachsen.

    Maria hat sicher nicht „geklammert“, sondern das „Loslassen“ von Kindheit an geübt.

    Die „Höchstleistung des Loslassens“ dann als Pieta unter dem Kreuz.

  2. Oktober 23, 2014 um 12:02 am

    Das ist kein Kommentar sondern eine Frage: Da wir beide gläubige Menschen sind und uns mögen, interessiert mich sehr Deine Meinung zu meinem Galuben: http://hansarandt.wordpress.com/mein-glaube/

    • 3 Kardinal Novize Igor
      Oktober 23, 2014 um 11:19 pm

      Ja; danke – Seite besucht!

      Eigentlich interessant, dass der Einstein schon bei kap 1 deines Glaubensbekenntnisses auftaucht – in meinem Glaubensbekenntnis ist er nicht mal irgendwo enthalten! *gggg*!

      Sollte mich das an, hm, irgendwas erinnern?

      LG KNI

      • Oktober 24, 2014 um 5:13 am

        Die Reihenfolge meiner Glaubesassagen sind beliebig und entspringen einer Tageslaune. Weil ich mich in lezter Zeit mit ihm beschäftigt habe, steht er wohl zufällig ganz oben. Wenn man die Welt aus der Vogelperspektive betrachtet, dann ist Einstein in der Tat ziemlich bedeutungslos, da stimme ich mit Dir voll überein.
        Wenn du meinst, dass ich Dich an irgen etwas erinnern wollte, dann frage ich mich, an was?

  3. 5 Kardinal Novize Igor
    Oktober 23, 2014 um 11:13 pm

    @Yeti:

    Nur so ein Gedanke nebenbei: vielleicht sollte man auch den Gedanken loslassen, nur die „Gesunden“ hätten den richtigen „Draht“ nach oben.

    Ich denke mir: vielleicht ist das der Grund für die heutige Sterilität der Kirche und für deren Verpseudowissenschaftlichung.
    Ein bisschen mehr Narrentum wär gut!

  4. 7 Kardinal Novize Igor
    Oktober 24, 2014 um 12:26 pm

    @hansarandt:

    Natürlich hab ich auch Tageslaunen. Wer nicht. Aber mein Glaube ist von diesen ziemlich unabhängig – zumindest ist das mein Bestreben.

    Und wenn ich den Einstein aus der Religion lasse, kann ich ihm in der Physik jene (hohe) Bedeutung beimessen, die ihm tatsächlich zusteht.

    Ist es bei dir anders? Hängt dein Glaube von deiner Laune ab?

    LG KNI

  5. Dezember 1, 2014 um 11:05 pm

    Der Artikel gefällt mir gut, besonders der Satz von Jesus über sein Reich am Schluss, da bin ich voll Deiner Meinung.
    Eine Frage, wo hat Popper das behauptet mit 7 und 5 und 12? Ich vermute, dass wenn er es behauptet hat, es lange nicht so dumm war, wie es scheint. Ich gestehe, dass ich auf meine alten Tage ein Popperfan geworden bin. Früher war der für mich aus einer linken Perspektive, sowas wie der Antichrist.

  6. 9 Kardinal Novize Igor
    Dezember 6, 2014 um 4:58 pm

    Das mit dem 7+5=12 kommt eigentlich von Kant.

    Es ging mir (wie sich hoffentlich ersehen lässt) eher um die Entstehung von Unlogik und die Interaktion zwischen Logik und Emotion.


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